Presseclub Cuxhaven

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Querdenkerin

Rita Süssmuth erhielt „Alte-Liebe-Preis“ des Cuxhavener Presseclubs

CUXHAVEN tw · Sie gilt als Querdenkerin, als eine Frau, die nicht aufgibt und die in ihrer Zeit als Bundesministerin für Jugend, Familie, Gesundheit und Frauen viel für die Gleichberechtigung der Frauen erreicht hat. Am Mittwoch letzter Woche erhielt Rita Süssmuth den „Alte-Liebe-Preis„ des Presseclubs Cuxhaven verliehen. Er erinnert an den früheren Hauptschriftleiter des Cuxhavener Volksblattes „Alte Liebe„, Wilhelm Heidsiek, der am 20. April 1944 in Cuxhaven verhaftet und im KZ Neuengamme von den Nationalsozialisten umgebracht wurde.
„Für mich ist es wichtig, die Menschen zu erreichen„, sagte die Bundtagspräsidentin a. D. in ihrer Dankesrede. Da sei Wilhelm Heidsiek ein großes Vorbild gewesen. Und damit es gelinge, dass Menschen den Mut aufbringen gegen Hass und Feindseligkeit einzutreten, „müssen wir den Menschen Verantwortung geben.„ Ihre Kernbotschaft daher: „Mit den Menschen können wir Veränderungen herbeiführen, wenn wir sie mitnehmen.„
Die Zitate „Wer nicht kämpft, hat schon verloren„ und „Einmal mehr aufstehen als hinfallen„ beschreiben ihren Lebensweg. „Denn Rita Süssmuth hat bewiesen, dass sie aufstehen und kämpfen kann„, sagte Dieter Meyn, Schatzmeister des Presseclubs Cuxhaven (PCC), bei der Begrüßung der Gäste im vollbesetzten gotischen Saal im Schloss Ritzebüttel. Als eine CDU-Politikerin, „die mit Engagement notleidende politische Themen aufgenommen hat, die ihr auch Krach mit ihrer Partei eingebracht haben„, hat Laudator Prof. Michael Rutz, ehemaliger Chefredakteur von SAT 1 und des Rheinischen Merkur sowie Autor zahlreicher politischer Dokumentationen, die heute 79-Jährige in Erinnerung.
In die Politik hat sie 1985 der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl als Seiteneinsteigerin geholt. Bis 1988 kämpfte sie als Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit, ab 1986 zusätzlich für Frauen, vor allem um ein neues Abtreibungsrecht - den Paragraphen 218, den Umgang mit Aids und die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe. Von 1988 an war sie zehn Jahr lang Präsidentin des Deutschen Bundestags. „Sie hat immer einen guten Job gemacht, obwohl es immer Krach gab„, habe sich Helmut Kohl in einem Interview erinnert. Und trotz der Auseinandersetzungen habe Kohl sie und ihre Furchtlosigkeit geschätzt, wusste Michael Rutz zu berichten. Auch nach 1998 setzte sie sich in verschiedenen Positionen weiter für ihre Überzeugungen ein, hat unter anderem - „nicht zum Vergnügen ihrer Partei„, die Zuwanderungskommission der Regierung Gerhard Schröder geleitet, gehörte 2004 bis 2005 der UN-Weltkommission für Internationale Migration an und engagiert sich noch heute unter anderem als Vorstandsmitglied am Deutsch-Polnischen Institut, als Präsidentin des deutschen Hochschulkonsortiums der Deutsch-Türkischen Universität in Istanbul und als Mitglied in der UNAIDS High Level Commission on HIV prevention.
Nur ein kleiner Auszug ihrer Tätigkeit. Dabei habe sie lange gezögert von der Wissenschaft in die Politik zu wechseln, wissend, dass die Voraussetzung war, „dass ich eine Querdenkerin bin, aber wehe sie kommt.„ Doch Rita Süssmuth sah auch die Chance etwas zu verändern, ihr Wissen und ihre Erkenntnisse, die sie als Professorin an den Universitäten Bochum und Dortmund sowie als Leiterin am Forschungsinstitut „Frau und Gesellschaft„ in Hannover in der Familien-, Frauen- und Kinderforschung gewonnen hatte, politisch umzusetzen. Und sie hat ihren Entschluss nicht bereut. „Es hat sich gelohnt.„ Vor allem hat es ihr gezeigt: „Wir sind nicht ohnmächtig, wir können etwas verändern, aber keiner ganz allein.„
Vor allem ging es ihr in ihrem Wirken darum, Ausgrenzung zu vermeiden. „Nur wenn sich Menschen zugehörig fühlen, können sie Verantwortung übernehmen„. Das bezieht sie auch auf den Umgang mit Flüchtlingen im heutigen Deutschland. „Die Frage ist: Wie gehen wir miteinander um?„ Für eine gelingende Integration sei es wichtig „dass wir mehr gemeinsam miteinander arbeiten.„ Die Geflüchteten sollten so schnell wie möglich beteiligt werden, anstatt sie Schachmatt zu setzten, betonte sie in der anschließenden Gesprächsrunde mit Prof. Rutz und unter Moderation des PCC-Vorsitzenden Andreas Oetjen und Hans-Christian Winters von den Cuxhavener Nachrichten. Gleichzeitig forderte sie wieder mehr in Wertfragen zu streiten, darüber was geht und was nicht, keine falsche Toleranz zu zeigen und das Individualrecht der Freiheit zu betonen. Das klappe aber nur, „wenn wir niemanden ausgrenzen, sonst entstehen Parallelgesellschaften„, befürchtet sie. Eine Verantwortung, nicht nur in der Flüchtlingsfrage, sieht Prof. Rutz auch bei der Presse. „Es gibt zu viele gesinnungsethische als verantwortungsethische Journalisten" sagte er, und viele, die ein Thema, das ihnen nicht passt, mit Nichtbeachtung straften. Als Beispiel nannte er die angebliche Korruptionsvorwürfe gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, die in der Presse groß skandalisiert worden seien. Der spätere Freispruch sei dann aber nur eine kleine Meldung wert gewesen. "Hier müssen wir aufpassen„, betonte er. In den Zeiten der Digitalisierung beklagte er zudem, dass durch die dadurch entstehende Aufgeregtheit keine Zeit mehr zum nachrecherchieren sei. Wie man die Menschen am Besten erreicht, hatte er schon in seiner Laudatio beschrieben. "Rita Süssmuth war es gegeben, mit Argumenten und einer überzeugungsfähigen Sprache zu überzeugen. Sie war stets präzise und bestimmt und und machte ihre Meinung als solche erkennbar."

„Wir sind im Kriegsfall“

Der Kommandeur der Marineflieger in Nordholz, Kapitän zur See Detlefsen, berichtete im Presseclub über die Weltlage Foto: sh

CUXHAVEN Alles hängt mit allem zusammen, und die Bundeswehr ist mittendrin. So kann man die Situation der Bundeswehr momentan beschreiben, folgt man den Ausführungen von Kapitän zur See Hans-Jörg Detlefsen. Vor gut 30 Mitgliedern des Presseclubs Cuxhaven nahm sich der Kommandeur des Marinefliegerstützpunktes Nordholz am 15. Dezember gut zwei Stunden Zeit, um über die Weltlage und die daraus resultiernde Verantwortung der Bundeswehr zu referieren. Dabei führte er drei Regionen auf, die die Weltpolitik momentan entscheidend beeinflussten. Neben der Ukraine-Krise und dem Kampf gegen die IS-Terroristen in Syrien und dem Irak sei der Krisenherd Afrika von entscheidender Bedeutung für den Einsatz der Bundeswehr. Diesen Krisenherd hätte aber die Öffentlichkeit fast vollständig aus den Augen verloren. Dabei würde beispielsweise über die deutsche Militärunterstützung des französischen Einsatzes in Mali so gut wie nichts berichtet. Wie sehr aber auch ein relativ kleiner Einsatz wie dort die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr belaste, mache ein kleines Rechenbeispiel deutlich. Um einen Hubschrauber im Einsatz zuhalten, müssen vier als Reserve bereit stehen. Durch die Vielzahl der unterschiedlichen Krisenherde käme die Bundeswehr somit an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Dies sei dann weniger eine Frage des Militärhaushaltes, als eine Frage der Organisation. Sein Fazit war dann auch ernüchternd. Zwar habe die Bundeswehr seit den 90ern einen starken Strukturwandel erlebt, nun sei es aber an der Zeit der modernen Bundeswehr auch ein modernes Umfeld zur Verfügung zu stellen.

„Alte Liebe Preis“ für Rita Süssmuth

(Foto: Jan Voth)

Der „Alte Liebe Preis“ 2016 des Presseclubs Cuxhaven geht an Prof. Dr. Rita Süssmuth. Der mit 3.000 Euro dotierte Preis wird der Bundesministerin und Bundestagspräsidentin a. D. im Rahmen eines Ritzebütteler Schlossgespräches am Mittwoch, 6. April 2016, in Cuxhaven verliehen. Die Laudatio auf die 78-jährige Preisträgerin wird Prof. Michael Rutz halten.
In der Begründung für den Preis, der an die von den Nationalsozialisten verbotene Cuxhavener Tageszeitung „Volksblatt Alte Liebe“ und deren Schriftleiter, dem 1944 im KZ Neuengamme ermordeten Wilhelm Heidsiek, erinnert, heißt es: „Prof. Dr. Rita Süssmuth hat als Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit und später als Bundestagspräsidentin Maßstäbe im Einsatz für Frauenrechte, für eine moderne Gesundheitspolitik (Aids) sowie in den internationalen Beziehungen Deutschlands (besonders zu Frankreich, Polen, Israel und der EU sowie im Ost-West-Dialog) gesetzt. Zudem hat sie entscheidende Weichen im Bildungsbereich (Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes), in Fragen von Zuwanderung und Integration, im christlich-jüdischen Dialog und im Einsatz für Kinder und Jugendliche gestellt. Bei all ihrem Engagement hat Rita Süssmuth die Medien als Partner auf Augenhöhe gesehen.“

(Foto: Privat)

Prof. Michael Rutz hat nach dem Abschluss eines Studium der Volkswirtschaftslehre und der Rechtswissenschaften von 1976 bis 1989 für den Bayerischen Rundfunk im In- und Ausland gearbeitet, war zuletzt stellvertretender Chefredakteur des BR-Fernsehens, dann von 1989 bis 1994 Chefredakteur des Privatsenders SAT 1 und von 1994 bis 2010 Chefredakteur der Wochenzeitung „Rheinischer Merkur“. Seither ist er als freier Publizist sowie Geschäftsführender Gesellschafter der Prof. Rutz Communications GmbH in Berlin tätig.

Bisherige Preisträger waren das Team der Cuxhavener Nachrichten und der NDR (2005), Walter Kempowski (2007), Prof. Egon Bahr (2009), Dr. Heiner Geißler (2011) und Stefan Aust (2013).

Clubabend im „Münchner Löwenbräu“

Hans-Jörg Detlefsen

(Foto: Bundeswehr)

Dienstag, 17. November, 19.30 Uhr, Clubabend im „Münchner Löwenbräu“ mit Bekanntgabe der Personen für den Alte Liebe Preis 2016, der Termin mit Kapitän zur See Hans-Jörg Detlefsen, Kommandeur der Marineflieger musste aus terminlichen Gründen verschoben werden.

Dienstag, 15. Dezember, 19.30 Uhr, Clubabend im „Münchner Löwenbräu“, Vortrag von Kapitän zur See Hans-Jörg Detlefsen, Kommandeur der Marineflieger, zum Thema „Marineflieger im Kontext der sicherheitspolitischen Lage der Welt“, anschließend Punschabend.

Einladung ins Gärtnerhaus am Schlosspark

(Foto: Privat)

„Da habt ihr unglaubliches geleistet.“ - die Mitglieder des Presseclubs Cuxhaven zeigten sich nach einem Rundgang am 15. September begeistert von der Wandlung des Gärtnerhauses seit seiner Instandsetzung im Jahr 2012. Fiet Andres und Ernst Klement vom Verein Bürger für das Schloss Ritzebüttel (die auch Mitglieder des PCC sind) hatten in das Haus am Schlosspark eingeladen und führten die Besucher durch die Räume. Fiet Andres ging in einer kurzen Ansprache auf die langen Diskussionen ein, bis endlich feststand, dass das Gärtnerhaus für rund 250.000 Euro renoviert werden konnte, zum großen Teil aus Mitteln des Schlossvereins und Spenden. Und das gerade noch rechtzeitig, wie Fotos aus der Zeit vor der Renovierung zeigten. Seit 2013 erstrahlt es wieder im alten Glanz. Seitdem kann man es als Hochzeitshaus, Tagungsort oder für die verschiedensten Feiern mieten. Zudem stellt der Schlossverein es auch als Stipendiatsort für „Stadtgäste“ zur Verfügung. Auf dem Foto sind (v.l.) Fiet Andres, Ernst Klement sowie die PCC-Mitglieder Dr. Peter Fischer und Dieter Meyn beim Klönschnack (Foto: tw).

Egon Bahr gestorben

SPD-Politik-Urgestein, Vater der Ostverträge und unermüdlicher Streiter für Demokratie und Menschenrechte ist am Donnerstag, 20. August, im Alter von 93 Jahren verstorben. Wir werden den Träger des Alte Liebe Preises 2009 ein ehrendes Angedenken bewahren.